Miscanthus
Einführung
Miscanthus, gemeinhin auch als Chinaschilf bezeichnet, ist ein ausdauerndes Gras, das ebenso wie Zuckerrohr und Hirse zur Familie der Süßgräser gehört. Miscanthus stammt aus Ostasien und wurde 1935 zunächst als Zierpflanze nach Europa eingeführt.
Bei günstigen Boden- und Klimabedingungen zeigt die C4-Pflanze Miscanthus eine hohe Wuchsleistung, die sie als nachwachsenden Rohstoff sowohl für die energetische als auch für die (werk-) stofflich-technische Nutzung interessant macht. Seit gut 20 Jahren erfolgen in Deutschland und den Nachbarländern intensivere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Bereichen Züchtung/Vermehrung, Anbau und Ernte sowie stoffliche und energetische Nutzung von Miscanthus.
Miscanthus wird derzeit in Form von Häcksel vorwiegend als Brennstoff sowie als Tierstreu und Baustoff genutzt. Erste Unternehmen beginnen mit der Pelletierung von Miscanthus, um Lagerung und Transportwürdigkeit sowie Handling zu verbessern. Neben der direkten Brennstoffnutzung werden in der Erzeugung von Brenngasen und BtL-Kraftstoffen große Nutzungspotenziale gesehen.
Der Anbauumfang von Miscanthus in der deutschen Landwirtschaft wird im Jahr 2008 auf rund 2.000 ha geschätzt. Ein nennenswerter landwirtschaftlicher Anbau findet u.a. auch in Dänemark und Großbritannien sowie in Österreich und der Schweiz statt.
Weit verbreitet in Deutschland ist Miscanthus x giganteus, eine natürlich entstandene Kreuzung von Miscanthus sacchariflorus und Miscanthus sinensis, welche an geeigneten Standorten eine Wuchshöhe von bis zu 4 m und Trockenmasseerträge von über 15 Tonnen erreicht. Für den Biomasseanbau kommen weiterhin Klone und Sorten von M. sinensis und M. sacchariflorus sowie vor allem deren Hybriden in Frage.
Die Ansprüche von Miscanthus an Ackerstandort und Bodenbeschaffenheit, Niederschläge und Wärme sind mit denen von Mais vergleichbar. Staunasse Böden sowie im Frühjahr wind- und frostdisponierte Lagen sind für Miscanthus nicht geeignet. Im Zeitraum Februar bis April muss für die Erntedurchführung die – wurzel- und rhizomschonende – Befahrbarkeit der Böden gegeben sein.
Landwirte, die in größerem Umfang in den Anbau von Miscanthus investieren wollen, sollten zuvor mit dem zuständigen Amt für Landwirtschaft unbedingt die rechtliche Situation und Beihilfefähigkeit der Miscanthusflächen klären. Die Beihilfefähigkeit (Flächen-/Betriebsprämie) war bisher im Rahmen des Anbaus auf Stilllegungsflächen und bei Anbau mit Energiepflanzenprämie gegeben. Mit dem Wegfall dieser Marktordnungsinstrumente entsteht eine Rechtslücke, die in ähnlicher Weise auch den Anbau schnellwachsender Baumarten auf Ackerflächen betrifft.
Für Kleinerzeuger, die mit dem Miscanthusanbau den Eigenbedarf an Brennstoff decken wollen, sind Beihilfefragen i.d.R. nicht relevant.
Anbau von Miscanthus
Die Anlage von Miscanthusflächen erfolgt in der landwirtschaftlichen Praxis in der Regel über Rhizome (ab Erzeuger/Handel für ca. 0,15 bis 0,20 Euro/Stück), die entweder mit Pflanzmaschinen in Reihen gelegt oder breitflächig ausgestreut und eingepflügt werden. Daneben bieten Pflanzguterzeuger auch vorgezogene Jungpflanzen (ca. 0,35 Euro/Stück) für die Pflanzung an. Der Bedarf an Rhizomen/Jungpflanzen liegt bei ca. 10.000 bis 12.000 Stück pro Hektar. Üblich sind Pflanzabstände von 0,7 bis 1,0 m in der Reihe und 0,8 bis 1,0 m zwischen den Reihen. Die Pflanzung sollte im Mai erfolgen, sobald die obere Bodenschicht in der Pflanztiefe von ca. 5 bis 10 cm eine Temperatur von 10 °C erreicht hat.
Für die Vorbereitung der Flächen zur Pflanzung ist eine sorgfältige Bodenbearbeitung und Beikrautregulierung erforderlich. Für die Etablierung des Bestandes ist in den ersten zwei Jahren eine ggf. wiederholte Beikrautkontrolle geboten. Da im Miscanthusbestand bisher keine Herbizide zugelassen sind, bietet die Pflanzung der Rhizome/Jungpflanzen in Reihen Vorteile für die Durchführung einer mechanischen Regulierung von nicht erwünschten Kräutern und Gräsern. Ab dem dritten Jahr schließt Miscanthus die Reihen und unterdrückt die Beikräuter zuverlässig.
Ab dem dritten Jahr kann das standorttypische Ertragspotential erreicht und - nach bisherigen Erfahrungen - über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren genutzt werden. Besondere Risiken oder nennenswerter Befall durch Schadinsekten und Schadpilze sind in Miscanthusbeständen bisher nicht bekannt.
Risiken durch Auswinterung von Jungpflanzen bestehen jedoch im ersten Winter. Die Einhaltung eines frühen geeigneten Pflanztermins, kräftige und gesunde Jungpflanzen bzw. Rhizome oder Rhizomstücke mit min. 3 Knospen sowie eine gute Bestandespflege sind entscheidend, um die Auswinterungsrisiken gering zu halten. Mehrjährige, etablierte Pflanzenbestände sind winterhart.
Miscanthus hat vergleichsweise moderate Nährstoffansprüche. Mit der geernteten Stängeltrockenmasse (Ernte ab drittem Standjahr, 15 t TM/ha) werden durchschnittlich etwa 70-102 kg N/ha, 12-16 kg P/ha, 105-150 kg K ha und 16,5-24 kg S/ha entzogen. Eine N-Düngung ist daher erst ab zweitem Standjahr jährlich in Höhe von 60-80 kg N/ha (zu Vegetationsbeginn in Form von Kalkammonsalpeter) zu empfehlen. Ein Ausgleich der K- und P-Entzüge empfiehlt sich auf Grundlage einer Bodennährstoffanalyse über eine 2- bis 3-jährige Vorratsdüngung mit Superphosphat und Kalimagnesium.
Die Ernte des Miscanthusbestands kann nach dem Blattfall und damit etwa ab Ende Februar bis April (bis zum beginnenden Wiederaustrieb) erfolgen. Vorteilhaft ist ein Beginn der Ernte bei bodenschonender Befahrbarkeit der Böden und sobald die Stängel einen Trockenmassegehalt von etwa 80 % erreicht haben. Als Ernteverfahren sind sowohl Häckselketten als auch Ballenlinien etabliert. Bei den Häckselketten kommen reihenunabhängige Häcksler zum Einsatz (3-cm-Häcksel, Schüttdichte 120 bis 140 kg/m³) und erreichen Leistungen von ca. 30 bis 40 Tonnen/Stunde). Bei der Ballenlinie kommen Schwadmäher und Quaderballenpressen (15 bis 25 Tonnen/Stunde, Ballendichte 140 bis 150 kg/m³) oder selbstfahrende Quaderballenpressen mit Schneidwerk zum Einsatz. Die Aufnahme von feuchter Blattmasse vom Boden sollte unbedingt vermieden werden.
Auf guten Maisstandorten (zeitige Bodenerwärmung, gut durchwurzelbare Böden, ausreichende Niederschläge/Wasserverfügbarkeit) besteht die Aussicht, mit Miscanthus ab dem 3. Standjahr Erträge von 15 bis 20 Tonnen (Stängel-)Trockenmasse je Hektar und Jahr zu ernten. An sehr guten Standorten sind Erträge von bis zu 30 Tonnen Trockenmasse je Hektar und Jahr möglich.
Miscanthus weist im Vergleich zum Anbau von z.B. Raps, Getreide und Mais viele positive Umweltwirkungen auf. Mit Miscanthus bietet sich die Chance für einen extensiven landwirtschaftlichen Anbau mit geringer Düngerintensität und dem Verzicht auf Pflanzenschutzmitteleinsatz. Der flächendeckende Miscanthusbestand bzw. die sich bildende Blatt-/Humusauflage reduziert durch Wind und Wasser verursachte Bodenerosion auf der Ackerfläche. Der Wasservorrat des Bodens wird durch die Blatt-/Humusauflage geschont und es bildet sich eine dauerhafte Nährstoffquelle, die die Nährstoffe der Blattmasse langsam wieder an den Wurzelraum zurück gibt.
Verwertung
Auch wenn für Miscanthus vielfältige stoffliche und energetische Verwertungsmöglichkeiten bestehen: Miscanthus ist keine gängige Handelsware, es gibt bislang keinen „Nachfrage-Markt“ und keinen „Marktpreis“.
Landwirte, die Miscanthus anbauen, müssen sich „ihren“ Markt selbst erschließen, z.B. durch Eigennutzung von Miscanthus als Brennstoff in der eigenen Miscanthus-Heizung, durch selbst entwickelte oder iniitierte kommunale oder gewerbliche Wärmecontracting-Maßnahmen oder – möglichst langfristige – Brennstoff-Lieferverträge mit Betreibern geeigneter Hackschnitzelfeuerungen sowie im Wege von Tierstreu-Lieferverträgen mit Rinder oder Pferde haltenden Betrieben.
Bei überbetrieblich organisiertem Anbau – zum Beispiel im Rahmen von Maschinenringen – eröffnen sich weitergehende Möglichkeiten einer Verarbeitung oder Vermarktung an größere Abnehmer (Pelletierung, Erschließung von Absatzmärkten in Baustoff- und Kunststoffindustrie etc.).
In Hinblick auf den erwarteten Bedarf an Biomasse für mögliche neue (Zukunfts-)Märkte in den Bereichen Brenngas/ Synthesegas/BtL-Kraftstoffe sowie Zellulose/Ethanol und Baustoffe lohnt es sich, zumindest einmal kleinflächig Anbauerfahrungen mit Miscanthus zu sammeln.
Den am Anbau von Miscanthus interessierten Landwirten wird empfohlen, sich bei Landesanstalten für Landwirtschaft, Bauernverbänden und Maschinenringen nach Anbauerfahrungen in der Region zu erkundigen.
Informationen zu den Kosten der Erzeugung von Miscanthus sind der vom KTBL herausgegebenen Datensammlung Energiepflanzen sowie dem KTBL-Kostenrechner Energiepflanzen zu entnehmen: http://daten.ktbl.de/energy/
weitere Informationen
Miscanthus sinensis - Anbau und Verwertung von Chinaschilf, Dr. Christian Röhricht, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2008
Chinaschilf (Miscanthus x giganteus) - Anbau, Verwertung und rechtliche Rahmenbedingungen, Kerstin Stolzenburg, Klaus Mastel, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, 2010