Topinambur (Helianthus tuberosus L.) aus der Gattung Sonnenblumen (Helianthus) aus der Familie Asteraceae
Für Topinambur als Energiepflanze gibt es erst seit relativ kurzer Zeit Anbauerfahrungen. Zudem nennen die einzelnen Versuchsanstalten teilweise unterschiedliche Werte, die sich unter anderem durch Standortunterschiede erklären lassen. Die folgenden Hinweise sind deshalb zum Teil als Spannweiten angegeben und nur als Richtschnur zu verstehen.
Topinambur wurde früher in Europa als Nahrungspflanze kultiviert und ist in Deutschland unter vielen, regional unterschiedlichen Namen bekannt: Erdapfel, Ross-Erdapfel, Erdbirne, Erdartischocke, Erdschocke, Erdsonnenblume und Indianerknolle. Eigentlich stammt er jedoch aus Nord- und Mittelamerika.
In Mitteleuropa verwildert die Pflanze häufig und kann einheimische Pflanzen verdrängen, sie wird deshalb als invasiv eingestuft. Die Vermehrung erfolgt in unseren Breiten nicht über die Samen, sondern über die Knollen. Die nussig und leicht süßlich schmeckenden Knollen sind es auch, für die man Topinambur in der Regel anbaut. Sie werden als rohes oder gekochtes Gemüse gegessen oder zu Schnaps gebrannt. Die Sprossknollen sind aufgrund ihres hohen Inulingehaltes außerdem als Nahrungsmittel für Diabetiker geeignet.
Als Energiepflanze ist Topinambur durch seine Mehrjährigkeit und die hohen Biomasseerträge interessant – die Pflanze wächst bis zu 5 Meter hoch und bringt auf guten Standorten Krauterträge von bis zu 20 Tonnen Trockenmasse oder Knollenerträge von bis zu 13 Tonnen Trockenmasse pro Hektar. Werden die Knollen zum Reifezeitpunkt des Krautes im Spätsommer mitgeerntet, wenn sie selbst noch nicht reif sind, verringern sich die Knollenerträge auf nur noch zwei bis drei Tonnen Trockenmasse pro Hektar (Erfahrungen des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) (www.ltz-bw.de) am relativ trockenen Versuchsstandort in Nordbaden.) Das Erntegut lässt sich zu Biogas oder Bioethanol vergären oder zu Biobrennstoff verarbeiten.
Anbau
Für Topinambur als Energiepflanze gibt es erst seit relativ kurzer Zeit Anbauerfahrungen. Zudem nennen die einzelnen Versuchsanstalten teilweise unterschiedliche Werte, die sich unter anderem durch Standortunterschiede erklären lassen. Die folgende Hinweise sind deshalb zum Teil als Spannweiten angegeben und nur als Richtschnur zu verstehen.
Als frostharte mehrjährige Pflanze kommt Topinambur zwar prinzipiell auch auf kühlen Standorten zurecht, für hohe Erträge ist eine warme Anbauregion jedoch geeigneter. Auch auf Trockenperioden reagiert die Pflanze mit Ertragseinbußen. Am liebsten ist ihr ein leichter, sandiger bis lehmig-sandiger Boden mit einer leicht alkalischen Bodenreaktion, der sich rasch erwärmt. Schwere tonige, insbesondere vernässte, kiesige oder versauerte Böden sind ungeeignet. Eine ausreichende Wasserversorgung ist vor allem in der Hauptwachstumsperiode der Sprossknollen zwischen Juli und Oktober wichtig. Für einen Gesamtbiomasseertrag von 15 Tonnen Trockenmasse pro Hektar braucht die Pflanze mindestens 450, besser rund 600 mm Wasser. Auf trockenen Standorten ist eine Bewässerung zur Förderung des Keimvorgangs sinnvoll. Auch sollte in der Zeit des Knollenwachstums die Bodenfeuchte nicht unter 30 Prozent der Feldkapazität sinken.
Wie bei Kartoffeln eignen sich als Vorfrüchte solche, die den Boden möglichst locker und verdichtungsfrei hinterlassen. Aufgrund der Sklerotinia-Gefahr sollte man den Anbau nach Raps und Sonnenblumen vermeiden. Topinambur ist eine sinnvolle Art zur Auflockerung der Fruchtfolge, da er außer mit der Sonnenblume mit keiner in Mitteleuropa angebauten Kultur verwandt ist.
Vor der Pflanzung erfolgt bei schweren Böden eine Herbstfurche, bei leichten und mittleren eine Frühjahrsfurche. Danach wird der Boden mit einer Grubber-Egge-Kombination eingeebnet. Auf schweren Böden kann man im Herbst Dämme vorformen. Bei mehrjährigem Anbau sind Beetkulturen weit verbreitet. Ziel ist ein gut gelockertes Pflanzbett.
Bei mehrjährigem Anbau ist ab dem dritten Jahr im Frühjahr kurz vor dem Austrieb bis kurz danach (April bis Mai) zu grubbern oder zu häufeln, um den Topinamburbestand auszudünnen, sonst drohen Ertragsrückgang und Lagerschäden durch Sklerotinia.
Im Pflanzjahr setzt man ab Anfang März bis April (in wärmeren Lagen bereits ab Mitte Februar) 40.000 – 50.000 Knollen pro Hektar mit Kartoffellegetechnik in ca. fünf bis sieben Zentimeter Tiefe bei einem Reihenabstand von 75 Zentimetern. Der Abstand in der Reihe beträgt vorzugsweise etwa 25 bis 30 Zentimeter. Bei einem Knollengewicht von 40 bis 80 Gramm werden so 1,5 bis 4 Tonnen Knollen pro Hektar benötigt. Als Pflanzknollen eignen sich gesunde und möglichst einheitliche Exemplare der Fraktion 30 bis 35 mm, die zuvor am besten im Boden gelagert wurden, d.h. die Pflanzguternte erfolgt erst zur Bestellzeit. Mit der Pflanzung werden die Reihen wie bei Kartoffeln leicht angehäufelt.
Bis zum Bestandsschluss Ende Juni reicht eine zweimalige mechanische (Häufeln, Striegeln, Hacken) Unkrautregulierung. Topinambur ist ausgesprochen schnellwüchsig und konkurrenzstark, der Einsatz von Herbiziden ist deshalb in der Regel nicht nötig und zurzeit auch nicht zugelassen.
Der Düngemittelbedarf beträgt 80 bis 125 kg Stickstoff, 60 bis 70 kg Phosphor, 250 bis 320 kg Kalium (Kaliumchlorid wirkt sich positiv auf den Knollenertrag aus, Kaliumsulfat hingegen auf die Knollenqualität), 20 bis 30 kg Magnesium und 90 kg Calcium. Wichtig ist, vorhandene Nährstoff-Bodenvorräte, vor allem Stickstoff, von diesen Angaben abzuziehen.
Die Düngemittelgabe sollte zur Pflanzzeit im März/April erfolgen und eventuell ein zweites Mal im Mai vor Bestandsschluss.
Ernte
Sowohl das Kraut als auch die Knollen lassen sich energetisch nutzen. Will man die Knollen jährlich ernten, muss man im darauffolgenden Jahr neu pflanzen, dazu empfiehlt sich eine Flächenrotation, um sprossbürtigen Erkrankungen wie Sklerotinia vorzubeugen. Für die energetische Nutzung ist es möglich, einmal zu pflanzen und dann in den nächsten Jahren in erster Linie das Kraut zu ernten und die Knollen ab dem zweiten bis dritten Jahr nur auszudünnen. Erntet man mehrere Jahre ausschließlich das Kraut, werden die Bestände nach Erfahrungen am LTZ zu dicht. Zu Zeitpunkt und Technik der Ausdünnung liegen aber erst wenig Erfahrungen vor, das LTZ plant hierzu in Zukunft Versuche.
Die Ernte des Krautes kann von etwa Ende August bis Ende September vor Verholzung der Stängel mit einem Maishäcksler erfolgen. Die höchsten Krauterträge werden mit etwa 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar bei ca. 35 Prozent Trockensubstanzgehalt Ende September erzielt. Über die Wintermonate sinkt der Krautertrag auf sechs bis acht Tonnen Trockenmasse pro Hektar ab, während der Trockenmassegehalt auf ca. 80 Prozent ansteigt. Als durchschnittliche Werte gibt das KTBL einen Krautertrag bei knapp 29 Prozent Trockensubstanzgehalt von 8 bis 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar an (Ernte im August/ September). Eine Silierung des Krautes ist unter Einsatz von Milchsäurebakterien möglich. Der Methangehalt des Biogases aus dem Topinamburkraut beträgt 54 Prozent.
Zur Brennstoffnutzung erntet man die Stängel mit einem Trockensubstanzgehalt von mehr als 75 Prozent, in der Regel nach Frosteintritt von Dezember bis März.
Die Knollen können je nach Sorte frühestens ab Oktober bis zum März mit einer Technik aus dem Kartoffelanbau gerodet werden. Die Knollen überwintern problemlos im Boden. Die Erträge liegen bei einem Trockensubstanzgehalt von gut 20 Prozent bei 4 bis 13 Tonnen Trockenmasse pro Hektar.
Zur Ernte müssen die Knollen vollständig ausgereift und nicht mehr fest mit den Ausläufern verbunden sein, das Kraut sollte man vorher abernten oder mulchen.
In der Biogasanlage bringen die Knollen 393 Liter Methan pro kg organischer Trockensubstanz bei einer extrem guten und schnellen Vergärung. Nach der Ernte sind sie ohne Kühlung nur zwei bis vier Wochen lagerfähig. Die beste Lagermöglichkeit besteht darin, die Knollen im Boden zu lassen, da sie Temperaturen bis zu minus 30 Grad vertragen. Eine Lagerung in Mieten aus Sand, Erde oder in Kühlhäusern (bei hoher Luftfeuchtigkeit und geringen Temperaturen) ist ebenfalls möglich, wenn auch nicht so lange Zeit wie bei Kartoffeln. Schließlich können die Knollen auch siliert werden.
Bei der Bioethanolgewinnung wird der Flächenethanolertrag inulinreicher Topinambursorten mit 4.600 bis 5.000 Litern pro Hektar in Deutschland derzeit nur von der Zuckerrübe mit ca. 6.200 Litern pro Hektar überboten.
Sortenwahl
Die alten Sorten aus der lokalen Alkoholproduktion wurden seit etwa 50 Jahren nicht mehr züchterisch bearbeitet, verfügen jedoch meist über gute und stabile Eigenschaften. Es existieren etwa 25 unterscheidbare früh- bis spätreife Sorten, von denen letztere für die Energieproduktion am besten geeignet sind. Sie produzieren bis zu den ersten Frösten Krautmasse und ihre Erträge lagen in Versuchsanbauen um bis zu sieben Tonnen höher als die frühreifer Sorten.
Für die Biogaserzeugung kommt es bei der Sorte vor allem auf eine hohe Standfestigkeit, geringe Verholzung, geringe Rohfaser- und hohe Zuckergehalte in Kraut und Knollen und natürlich auf hohe Gesamterträge an. Durch Letztere zeichnen sich zum Beispiel die Sorten „Rote Zonenkugel“, „Gute Gelbe“, „Medius“, „Topianka“ und „Violet de Rennes““ aus (entweder sehr hohe Kraut- und hohe Knollenerträge oder umgekehrt). Für den Bioethanolproduzenten sind wiederum hohe Zucker- und Ethanolerträge je Flächeneinheit entscheidend. Die Sorten „Gute Gelbe“, „Medius“, „Rote Zonenkugel“ und „Landsorte weiß“ sind hier vielversprechend.
Züchter: Johann Brunner, www.topis.de
Einschränkungen
Topinambur kann als so genannte invasive Pflanze aus geringen Ernteresten in Folgekulturen sehr stark wieder austreiben. Gegenmaßnahmen bestehen in einer mindestens zweijährigen Löschfruchtfolge oder im Einsatz von Wuchsstoffen oder eventuell von Totalherbiziden (z.B. Maisherbizide). Aber auch eine tiefe Bodenbearbeitung (z.B. Grubbern bei 8 bis 12 Zentimetern) ist hilfreich. Eine elegante Lösung stellt der Anbau von Feldfutter als Folgefrucht dar, da durchgewachsenes Topinamburkraut dann einfach mitgeerntet werden kann.
Größere Mengen sortenreinen Pflanzgutes sind derzeit nur begrenzt verfügbar.
Setzt man die Knollen als Koferment in Biogasanlagen ein, müssen sie gründlich gereinigt werden, da Erde und Sand im Fermenter Probleme verursacht. Aufgrund der Knollenform ist diese Reinigung nicht immer ganz einfach.
Weitere Anbauversuche laufen auch bei der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft: TLL
Weitere Daten und Informationen zu Anbau, Ernte, Lagerung und Energieerträgen finden Sie in der KTBL-Datensammlung Energiepflanzen im Internet oder Sie bestellen sich die Veröffentlichung über den KTBL-Online-Shop.